News 2023/39

In den letzten Wochen drehte sich die Boulewelt extrem schnell. Zwei WMs mit 7 Wettbewerben, zwei EMs, diverse DMs, dazu Turniere im ganzen Land. Zeit für eine Resümee der letzten Wochen auf boule4u.

Vorbemerkung

In Münster hatte ich ein längeres Gespräch mit Jens Birkmeyer über Themen wir DPV, den Kader und boule4u. Jens erzählte von den Zeiten seiner Tochter im DPV Kader und den Druck, den die Spieler fühlen, wenn sie das Trikot mit dem Adler tragen und Deutschland bei internationalen Turnieren vertreten. Druck, Leistung zu bringen, Erfolge zu erzielen, die Nominierung für den Kader zu rechtfertigen und zu bestätigen. Denn anders als in anderen Sportarten, begegnen wir unseren Kaderspielern bei vielen Turnieren, spielen gegen sie, können sie beobachten und bilden uns eine Meinung.

Ich kenne viele der Kaderspieler persönlich und schätze sie, es geht hier nicht darum, jemanden „in die Pfanne zu hauen“. Im folgenden eine subjektive Meinung eines Boule Fans zu den letzten Wochen.

Die WMs in Benin

Ein tolles Boulefest war es in Benin. Wer das Interview mit Matze Laukart gehört hat, der hat die Begeisterung rausgehört. Die Begeisterung der Zuschauer war bis nach Deutschland zu hören und zu spüren, Benin war ein guter Gastgeber. Wer aber das letzte Spiel der Deutschen mit Regenabbruch bei 12:12 und den anschließenden Tireur Wettbewerb gesehen hat, der kann nur schreiben, das war einer WM unwürdig. Ein triefend nasser Dylan Rocher und seine Gegner schießen auf einer mit Pfützen durchtränkten Bahn um WM Medaillen. Das ist einfach ein Ding der Unmöglichkeit. Und dafür gibt es die Vorgabe, dass ein WM Veranstalter eine Halle oder ein Zelt zur Verfügung stellen muss. Also, gerne wieder Afrika, aber ein Regenschutz muss sichergestellt werden.

Team D

Die Plätze 3, 5, 5, 9 und 21 klingen nach einem guten Ergebnis bei den Doublette/Tete Wettbewerben. Bronze für Moritz Rosik und Matze Laukart ist ein toller Erfolg. Das Abschneiden von Manuel Strokosch beim Tireur Wettbewerb war leider weit unter seinen Möglichkeiten und die Triplette WM kann nicht als Erfolg gewertet werden. Das Aus gegen die Komoren in der Poule Phase und dann das Aus im Nations Cup gegen Tunesien entspricht nicht den eigenen Ansprüchen. Team D spielt gutes Boule, es gibt schlagbare Nationen, wenn es darauf ankommt, werden die Spiele wie schon in Santa Susanna nicht gewonnen.

Unter Wert verkauft in Benin, Manuel Strokosch

Berücksichtigt man dann noch, dass fast alle Top Europäer in Benin nicht am Start waren, dann wird noch klarer, dass sich das Team D international irgendwo zwischen den Plätzen 10-20 wiederfindet. Mit etwas Losglück und einer Top Leistung (Moritz & Matze, Eileen & Verena 2022) ist mal eine Medaille drin, ansonsten spielt man um das Erreichen eines Viertelfinals mit.

Sicher nicht leistungsfördernd für das Mixte 4tel Finale war der von den afrikanischen Buschtrommeln überlieferte „Einlauf“, den das Frauen Doublette nach dem Aus im Achtelfinale durch den DPV Präsidenten kassierte. Die Analyse der Ergebnisse und die Schlüsse daraus sollten den Trainern vorbehalten sein und nach den Wettbewerben erfolgen.

Die EMs in Albertville

Über die Veranstaltung kann man nur positives berichten. Eine Top Halle, Übertragungen durch die Franzosen und den DPV, Ergebnisse aktuell auf Facebook, merci.

Sportlich könnte es kaum schlimmer kommen. Die 55plus Herren spielten weit unter ihren Möglichkeiten und scheiterten früh und deutlich im 8tel Finale an Dänemark. Die Senioren (Herren) machen es leider noch schlechter. Zunächst ging der Tireur Wettbewerb in die Hose, dann stolperte das Triplette durch das Turnier. Nach einem Sieg gegen eine B Elf aus den Niederlanden, gab es eine deutliche Niederlage gegen die Schweiz und dann das schon legendäre Spiel gegen Polen. 9:3 Führung und noch zwei Aufnahmen. Am Ende 10:9 für Polen, die zusätzlich noch drei Kugeln auf der Hand hatten. Kollektives taktisches und spielerisches Versagen.
Bei zwei gegen vier Kugeln in der ersten Extra Aufnahme hätte man noch zwei gegnerische Kugeln vom Platz schießen können, dann steht es nur 9:5 statt 9:7. Aber es wurden zwei Kugeln so richtig verlegt und die Polen konnten noch drei reinlegen.

Danach ein Pflichtsieg gegen Jersey und eine weitere klare Niederlage gegen gute Finnen.
Im Nationencup dann das Aus gegen Lettland in der ersten Runde, Platz 25 (!) in Europa und die WM Qualifikation für Dijon 2024 verzockt. Gut, da wird sich schon noch etwas drehen lassen, immerhin haben wir nun einen deutschen Vertreter im fipjp Exekutiv Komitee und waren mit in Benin.

Wie ist das Abschneiden zu erklären? Wäre es mit Daniel Reichert anders gelaufen? Hätte Sascha Koch an der Bande einwirken können? Da waren vier gute Spieler bei der EM, die alle ein großes Potential haben, es aber nicht auf den Platz bekommen.

Analyse Team D

Die Fakten: Das schlechteste Ergebnis bei einer Herren EM, bei den WMs ähnlich abgeschnitten wie bei den vorherigen Events (trotz dem Fehlen vieler Europäer). Entspricht das Abschneiden unseres Team D dem Leistungsstand oder verkaufen sich die Spieler unter Wert? Was könnte getan werden, um die Leistung zu steigern? Liegt es an den Strukturen im DPV? Wird die sportliche Leitung zu oft gewechselt? Die einzige Konstante im sportlichen DPV Team ist Sebastian Lechner. Zunächst Herren Trainer, dann Sportdirektor, jetzt übergeordneter Bundestrainer mit festem Gehalt. Eine Erfolgsgeschichte liest sich anders. Die Trainer bei den Frauen und Herren haben seit den letzten WMs gewechselt. Wäre mehr drin, wenn der DPV auf erfahrene internationale Trainer setzen würde? Braucht es mehr Konstanz auf den Trainer Posten? Muss Sebastian Lechner und sein Konzept hinterfragt werden? Gibt es ein Konzept um die Lücke zur Spitze zu schließen? Wie bringt sich die neue Sportdirektorin Pia Mackenzie ein?

In jedem Fall muss sich der DPV, der selber andere Ansprüche formuliert, intensiv hinterfragen. War die Vorbereitung ausreichend? Wurden die richtigen Spieler in der richtigen Zusammenstellung nominiert? Benötigt es einen Mental Coach um die Spieler zu stärken? Ist die Stimmung im Kader so, wie es leistungsdienlich ist? Wäre es nicht sinnvoll, wenn die Kaderspieler bei DMs und Turnieren in ihren Formationen antreten um sich einzuspielen? Oder braucht es einfach mehr Zeit, mehr Turniere in Frankreich und mehr Konstanz im Kader, um sich Schritt für Schritt nach vorne zu spielen. Oder stehen wir genau da, wo wir sein möchten und hingehören?

Deutschland ist der zweitgrößte Verband in Europa, wir haben viele talentierte und gute Spieler. Das Abschneiden bei den letzten internationalen Events hatte einige wenige Highlights (Frauen in Marseille, zweimal WM Bronze) und viele Enttäuschungen. Die Spieler und Trainer im Kader wechseln häufig. Etwas besser sieht es im Espoir und Jugend Bereich aus. Dort ist seit einiger Zeit Konstanz bei den Trainern und es werden Erfolge gefeiert (Tireur Gold für Justin Neu und Silber für die Espoir Frauen bei der letzten EM). Gespannt kann man sein, wie die Analyse beim DPV ausfallen wird und welche Schlüsse daraus gezogen werden.

Und es gilt Daumen drücken für die Espoir EMs im Oktober und die Frauen und Jugend WM im November.

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Gedankenspiel

Interessant wäre es zu erleben, könnte man in einer Parallelwelt NiSa13 zusammen mit Jan Garner zur EM oder zur WM entsenden. Welche Ergebnisse hätten diese Vier erspiel?. Aber das ist blanke Theorie.

Frauen DM in Kamen

Nach dem Sensationssieg der drei NiSa Damen Sigrid Garner, Gisela Hintzmann und Dorothea Löwer im Vorjahr ging der Titel diesmal (wieder etwas überraschend) an das BaWü Team Sabrina Detant, Ildiko Szabo und Anita-Dolores Barthelemy. Anita holte ihren dritten DM Titel, für die anderen beiden war es der erste DM Titel. Gratulation an die drei Frauen aus Malsch, Freudenheim und Tübingen.

Die Titelverteidiger schalteten im 4tel Finale das favorisierte Team Hessen01 mit den beiden WM Fahrerinnen Eileen Jenal und Anna Lazaridis mit 13:6 aus und holten sich nach Gold in 2022 diesmal eine Bronze Medaille.

Schaut man sich die ersten Vier an, dann wundert sich der Boule Fan, wie schon bei den anderen DMs des Jahres, wo sind eigentlich die Kaderspieler und speziell unsere WM Fahrerinnen? Berlin01 mit Luzy Beil, Titelträger 2021, muss in die Barrage, um dann im 16tel die Segel zu streichen. Lara Koch war nicht am Start, NRW02 um Kerstin Lisner scheitert im 16tel Finale. Eileen wie schon geschrieben setzt sich im 8tel knapp gegen die DPV Espoirs Nina Schell, Kati Kuipers und Sarah Caliebe durch, um dann gegen Gisela, Sigrid und Doro im 4tel auszuscheiden. Hier stellt sich ebenfalls die Frage, warum wird nicht ein WM Triplette zur DM entsendet um sich einzuspielen? Hoffnung für die WM in Thailand machen diese Ergebnisse nicht. Meine Daumen sind fester denn je gedrückt.

Den Tireur Wettbewerb gewann Carolin Birkmeyer im Finale gegen Anna Lazaridis. Caro startete mit 17 Punkten und schaffte damit gerade den 8. Platz in der Vorrunde. Im 4tel Finale steigerte sie sich auf 22 Punkte, im Halbfinale und im Finale erballerte sie sich 36 und 34 Punkte und ließ damit ihren Gegnerinnen keine Chance. Gratulation an Caro zu dieser tollen Leistung, nach Mixte Bronze nun Tireur Gold. Gratulation ebenfalls an Anna Lazaridis. Nach WM Bronze nun Silber beim Tireur und mit 31 Punkten im Halbfinale ein starkes Ergebnis erzielt.

Quelle: Facebook Düsseldorf SurPlace: Caro Birkmeyer und Anna Lazaridis

Bei einigen geschossenen Punkten wundert man sich als Außenstehender, aber der Tireur Wettbewerb ist ein spezieller. Wer aber international unterwegs ist, der sollte schon zweistellig bei einer DM schießen können.

Ansonsten von außen betrachtet eine interessante und gut organisierte DM. Nur der Zeitplan geriet trotz frühem Start komplett aus dem Ruder, das Finale am Sonntag endete bei völliger Dunkelheit, obwohl bei der Damen DM eine Runde weniger gespielt wird. Dies sollte ein Einzelfall bleiben.

Boule4u

In wenigen Tagen geht es nach Ney York und ich werde über den ersten deutschen Boulekurs auf amerikanischem Boden ebenso berichten, wie über die US Open. Gerne hätte ich euch mit einem Interview mit den WM Frauen und den Frauen DM Siegerinnen versorgt, aber die Anfragen wurden abgelehnt. Ich werde versuchen, ein Interview mit dem DPV Bundestrainer oder der Sportdirektorin zur Analyse der internationalen Events zu führen.

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